Digitale Ermittlungen / IT-Forensik: Was sie kann

Moderne IT-Forensik in Strafverfahren, was Ermittlungsbehörden heute leisten können

In den letzten Jahren hat sich die IT-Forensik rasant entwickelt und nimmt eine immer größere Rolle in der Strafverfolgung ein. Oft sind es digitale Spuren, die als belastende Beweise herangezogen werden. Ob auf Mobiltelefonen, Computern oder in der Cloud: Informationen wie gelöschte Dateien, Chat-Verläufe oder Bewegungsdaten können auf vielen Geräten forensisch ausgewertet werden, auch wenn sie für den Nutzer unsichtbar scheinen. Doch was bedeutet das für Sie als Mandant? Welche Daten können Ermittlungsbehörden heute tatsächlich sichern und analysieren – und wie verlässlich sind diese Informationen wirklich?

Als Fachanwalt für Strafrecht mit über 19 Jahren Erfahrung unterstütze ich Sie dabei, diesen komplexen Ermittlungsbereich zu verstehen und Ihre Verteidigungsstrategie gezielt auf die Herausforderungen der IT-Forensik abzustimmen. Nachfolgend erhalten Sie einen Überblick, was durch IT-forensische Verfahren heutzutage alles möglich ist und wie ich Sie dabei unterstützen kann, die Rechtmäßigkeit und Beweiskraft solcher Daten genau zu hinterfragen. Es kann an dieser Stelle nur ein Streiflicht der tatsächlichen Möglichkeiten der Ermittlungsbehörden aufgezeigt werden, da uns immer nur ein kleiner Teil offenbart wird.

Wiederherstellung vermeintlich gelöschter Daten

Viele Mandanten sind überrascht, wie viele Daten sich selbst nach dem Löschen oft noch rekonstruieren lassen. Selbst mehrfach überschriebene Daten können Experten teilweise wiederherstellen, was bedeutet, dass auch Informationen, die Sie als gelöscht betrachteten, erneut auftauchen können.

Beispiel: In einem Fall zur Steuerhinterziehung wurden gelöschte E-Mails und Excel-Tabellen als Indizien herangezogen, um angeblich versteckte Einnahmen nachzuweisen. Die Verteidigung setzte gezielt darauf, diese Daten auf Authentizität und Kontext zu überprüfen. Es konnte gezeigt werden, dass einige E-Mails nicht eindeutig dem Mandanten zuzuordnen waren und der Kontext in Teilen fehlte. Diese Methode wird auch häufig bei Verfahren im Bereich der Kinderpornografie genutzt, um gelöschte Bilder und Videos wiederherzustellen. In diesen Fällen ist es oft entscheidend, dass die Beweislast kritisch geprüft und durch alternative Erklärungen entkräftet wird.

Erstellung von Bewegungsprofilen und GPS-Datenanalysen

Moderne Smartphones und andere vernetzte Geräte speichern oft sehr detaillierte Standortinformationen. GPS-Daten, Zeitstempel und andere Metadaten können Ermittlern dabei helfen, ein Bewegungsprofil zu erstellen und Bewegungen nachzuvollziehen. Gerade bei Tatvorwürfen wie Diebstahl, Raub oder Wohnungseinbruch können diese Daten schnell belastend wirken. Die heutigen Mobiltelefone ermöglichen eine sehr genaue Darstellung des Bewegungsprofils oder auch der Ortung des Beschuldigten.

Beispiel: Ein Mandant wurde des bandenmäßigen Wohnungseinbruchsdiebstahls verdächtigt. Ermittler stellten mithilfe der Geo-Daten des Mobiltelefons ein Bewegungsprofil zusammen, das angeblich bewies, dass sich das Gerät zum Zeitpunkt des Einbruchs in Tatortnähe befand. Gemeinsam mit IT-Sachverständigen konnten wir zeigen, dass zwar das Gerät in der Nähe war, der Mandant selbst jedoch in einer anderen Gegend beobachtet wurde. Bewegungsdaten sind also oft nicht so eindeutig, wie sie auf den ersten Blick wirken, und können gezielt hinterfragt werden, um alternative Erklärungen aufzuzeigen. Funkzellenvermessungen und andere Maßnahmen der Behörden wollen genau hinterfragt werden, um eine vorschnelle Vorverurteilung zu vermeiden.

Analyse von Zugriffsprotokollen und Systemaktivitäten

Die IT-Forensik ermöglicht es, festzustellen, wann Dateien erstellt, verändert oder gelöscht wurden und welche Nutzerkonten oder Geräte zu einem bestimmten Zeitpunkt aktiv waren. Diese Informationen sind besonders relevant, wenn Vorwürfe wie Hackerangriffe, Datenmissbrauch oder Wirtschaftskriminalität im Raum stehen.

Beispiel: In einem Fall wurde einem Mandanten vorgeworfen, sensible Firmendaten entwendet zu haben. Die Ermittler prüften, zu welchen Zeitpunkten auf die Dateien zugegriffen wurde, und argumentierten, dass die Aktivität mit dem Mandanten in Verbindung stünde. Die Verteidigung konnte jedoch aufzeigen, dass auch andere Nutzer Zugriff auf dieselben Daten hatten und somit ein Verdacht gegen den Mandanten nicht ausreichend begründet war. Das Verfahren musste gegen den Mandanten eingestellt werden.

Entschlüsselung und Wiederherstellung verschlüsselter Daten

Auch verschlüsselte Dateien oder Nachrichten können von IT-Forensikern wieder lesbar gemacht werden. Mithilfe spezieller Software und Techniken versuchen Ermittler, Verschlüsselungen zu knacken, um an Nachrichteninhalte oder Dateien zu gelangen. In der Strafverteidigung ist es oft entscheidend zu prüfen, ob diese Entschlüsselung ordnungsgemäß und vollständig durchgeführt wurde.

Beispiel: In einem Verfahren wegen Betäubungsmittelhandels wurde verschlüsselte Kommunikation als Beweismittel herangezogen. Die IT-Forensik entschlüsselte Teile eines Chatverlaufs, jedoch blieben wichtige Teile des Gesprächs unverständlich. Die Verteidigung konnte zeigen, dass der fehlende Kontext eine Belastung des Mandanten unklar machte. Auch bei Kryptohandys von Anbietern wie ANOM oder EncroChat, die in vielen Strafverfahren eine Rolle spielen, ist es notwendig, die Rechtmäßigkeit und Aussagekraft der Entschlüsselung zu hinterfragen. In diesem Zusammenhang steht auch der nächste Punkt:

Auswertung von Chat- und Messenger-Verläufen

Chat-Verläufe und Nachrichten aus Messenger-Diensten sind heute in nahezu jedem Ermittlungsverfahren relevant. Gerade in Fällen wie Betrug, Betäubungsmittelverfahren, Sexualstraftaten und organisierter Kriminalität nutzen Ermittler diese Kommunikationsverläufe als wesentlich belastende Beweismittel. Dabei können auch gelöschte Nachrichten oft wiederhergestellt und gegen den Beschuldigten verwendet werden.

Beispiel: In einem Betrugsverfahren wurden Messenger-Nachrichten herangezogen, die angeblich Absprachen über betrügerische Handlungen enthielten. Bei genauer Analyse zeigte sich, dass einzelne Nachrichten aus dem Zusammenhang gerissen waren und missverstanden werden konnten. Die Verteidigung konnte hier erfolgreich aufzeigen, dass die Chat-Inhalte ohne eine vollständige Auswertung keinen belastenden Charakter hatten. In vielen Fällen ist es entscheidend, die Konversationen im Gesamtzusammenhang zu bewerten und alternative Interpretationen aufzuzeigen.

Daten aus Fahrzeugen und Ereignisdatenspeichern (EDR)

Moderne Fahrzeuge speichern umfassende Informationen über Fahrverhalten und Unfallsituationen. Ereignisdatenspeicher (Event-Data-Recorder, EDR) erfassen zum Beispiel die Geschwindigkeit, den Bremsweg und andere Parameter, die Rückschlüsse auf das Fahrverhalten zulassen. Gerade bei der Aufklärung schwerer Verkehrsunfälle können diese Daten entscheidende Hinweise liefern.

Beispiel: In einem Verfahren nach einem Verkehrsunfall, bei dem der Mandant fahrlässige Körperverletzung und illegalem Kraftfahrzeugrennen vorgeworfen wurde, wurde auf EDR-Daten zurückgegriffen. Die Verteidigung setzte sich dafür ein, dass die Daten kritisch hinterfragt wurden. Es stellte sich heraus, dass der Unfallhergang komplexer war als die Daten allein vermuten ließen und dass die Fahreraktivität im Detail zu prüfen war. In der Hauptverhandlung wurde das Verfahren gegen den Mandanten eingestellt und ihm der Führerschein zurückgegeben.

IT-Forensik und Strafverteidigung

Die moderne IT-Forensik bietet viele Möglichkeiten, aber gerade deshalb ist eine kritische Prüfung entscheidend. Nicht immer sind die forensisch erhobenen Daten so eindeutig, wie sie erscheinen. Fragliche Zuordnungen, mögliche alternative Erklärungen oder technische Schwächen können für die Verteidigung oft von Vorteil sein. Es muss eine Einordnung der technischen Daten in den Gesamtsachverhalt vorgenommen werden.

In meiner Rolle als Fachanwalt für Strafrecht setze ich mich intensiv mit der Methodik und Verlässlichkeit der IT-Forensik auseinander, um Ihre Verteidigungsstrategie gezielt anzupassen. Ich arbeite eng mit IT-Experten zusammen, um digitale Beweismittel auf ihre Belastbarkeit zu prüfen und mögliche Schwächen aufzuzeigen. Wenn Sie in einem Verfahren stehen, bei dem digitale Beweise eine Rolle spielen, stehe ich Ihnen zur Seite, um Ihre rechtlichen Möglichkeiten bestmöglich zu nutzen und Sie optimal zu verteidigen.

Für eine persönliche Beratung stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Sie erreichen mich unter mail@rechtsanwalt-scharrmann.de. Lassen Sie uns gemeinsam eine maßgeschneiderte Verteidigungsstrategie entwickeln, die auf Ihre individuellen Bedürfnisse und die Besonderheiten der modernen IT-Forensik abgestimmt ist.